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Zurück zum Anfang: vom Ursprung aus nach Veränderung suchen

Therapien können an einzelnen Symptomen oder spwzifischen Problemen ansetzen und für diese nach kurzfristen Lösungen suchen. Ein nachhaltiger Veränderungprozess beginnt dort, wo die Grundlagen für unsere Lebendigkeit und Verbundenheit mit uns selbst und anderen gelegt werden – im Körper bei der Selbstregulation (Emotions- und Stressregulation).

Selbstregulation oder wie wir Mensch werden

Selbstregulation ist eine essenzielle Schutz- und Regenerationsressource. Die Fähigkeit zur Emotions- und Stressregulation (Selbstregulation) entwickelt sich im sicheren Kontakt zwischen Eltern und Kind in den ersten Lebensjahren. Durch Berührung, Zuwendung und liebevolles Eingehen auf unsere Bedürfnisse lernen wir als Baby bzw. Kleinkind, wie wir unsere Emotionen regulieren und wieder in einen ruhigen, ausgeglichenen Zustand zurückfinden, z.B. wenn wir uns ängstigen, aufgeregt, freudig erregt oder erschöpft sind. Ein tiefes Gefühl der Freude, Sicherheit und Verbundenheit mit uns, anderen und der Welt wird so in den ersten Lebensjahren ausgebildet.

Nur wenn wir uns reguliert und sicher fühlen, können wir vertrauensvolle Bindungen eingehen.

Ein gutes Gefühl beginnt im Körper
Unser körperliches Erleben beeinflusst unser Fühlen und Denken. Unsere Erfahrungen sind im zentralen Nervensystem verankert. Unser autonomes Nervensystem reagiert auf die Umwelt, insbesondere andere Menschen. Die Reaktionen zeigen sich beispielsweise im körperlichen Erregungsniveau, in der Herzfrequenz, der Durchblutung oder der Körperhaltung.
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Konkret, Du errötest, wenn Dir ein Kompliment gemacht wird oder Dir wird heiß, wenn Du in einer Gruppe von Menschen spontan sprechen sollst. Die Fähigkeit nach einer Anspannung wieder zurück in einen ausgeglichen Bereich des Wohlbefindens zu finden, wird als Selbstregulation bezeichnet. Emotionen und Stress können so innerhalb eines bestimmten Levels moduliert und wieder ein sicheres Grundgefühl hergestellt werden.
In ständiger Alarmbereitschaft:
Es wird zu viel oder zu wenig gefühlt

Ist die Selbstregulationsfähigkeit beeinträchtigt oder wurde gar nicht erst ausgebildet, gelingt es nach Stress und Anspannung nur schwer, sich selbst wieder in einen angenehmen Zustand zu bringen. Stattdessen hängt man in Übererregung (Zu viel Fühlen: Unruhe, Angst, Schlaflosigkeit, Reizbarkeit, Chaos, Drama usw.) oder der Untererregung (Zu wenig Fühlen: Antriebslosigkeit, Müdigkeit, Leere, reines Funktionieren, Starre usw.) fest oder wechselt übergangslos von dem einen in den anderen Zustand. Manchmal kann es sich anfühlen, als würde man von den Gefühlen unkontrolliert in Besitz genommen. Der Körper signalisiert dann unterschwellig „Gefahr“ und ist in Alarmbereitschaft. Die Umgebung oder andere Menschen werden durch diese Brille der „Bedrohung“ wahrgenommen. Uralte Instinkte von Flucht, Kampf oder Erstarren überlagern dann das rationale, kognitive Handeln. Auch die Bindungsfähigkeit ist dann beispielsweise beeinträchtigt.

Den eigenen Erfahrungen einen Namen geben: Entwicklungs- und Bindungstrauma
Ich bin doch nicht traumatisiert! Mir ist nichts „Schlimmes“ passiert. Trauma umfasst sehr viel mehr, als viele spontan damit assoziieren. Nicht auf das Ereignis, sondern wie ich es empfinde, kommt es an. Auch vermeintlich „kleine“ Wunden aus frühster Kindheit können traumatisch sein und sich auf die Selbstregulationsfähigkeit auswirken.
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Ein Baby, das viel sich selbst überlassen wurde und diesen authentischen und einfühlsamen Kontakt mit seinen Eltern in den ersten Lebensjahren nicht erlebt hat, fühlt sich verlassen und hilflos ausgeliefert. Dafür braucht es der Perspektive des Kindes gar nicht allzu viel. Früher war es beispielsweise üblich, Säuglinge und Kinder schreien zu lassen. Auch wurden Mutter und Kind im Krankenhaus direkt nach der Geburt getrennt. Aus der Perspektive des Kindes eine traumatische Erfahrung des Verlassenwerdens. Sind die Eltern nicht in der Lage gewesen, emphatisch auf die Bedürfnisse des Kindes einzugehen, ist ein Säugling oder Kleinkind dem Agieren der Bezugsperson schutzlos ausgeliefert und erlebt Ohnmacht und Hilflosigkeit in Beziehung. Auch wenn oft die konkrete Erinnerung fehlt, hinterlässt das Erlebte Spuren im Körper: die Emotions- und Stressregulation sind beeinträchtig und damit auch die Fähigkeit, mit anderen Menschen in einen vertrauensvollen Kontakt zu treten.

Sich selbst so akzeptieren, wie man ist und tiefe, befriedigende Bindungen eingehen, fällt dann oft schwer. Zurück bleibt oft eine grundlegende Unzufriedenheit mit sich selbst, ein fehlender oder negativer Bezug zum eigenen Körper, eine tiefe Einsamkeit – selbst wenn andere Menschen da sind, ein geringes Vertrauen in andere Menschen sowie ein großes Sicherheitsbedürfnis. Diese Erfahrungen werden als Entwicklungs- und Bindungstrauma bezeichnet. Die körperliche Selbstregulation von Erregungszuständen und Emotionen wird bei einem Entwicklungs- und Bindungstrauma nicht vollständig angelegt oder bei einem Schocktrauma stark beeinträchtigt. Je geringer die Selbstregulationsfähigkeit ausgeprägt ist, desto geringer ist die eigene Resilienz, im weiteren Leben mit widrigen Umständen und Verletzungen umzugehen.

Schon in den ersten Lebensjahren formt sich zudem implizites „Beziehungswissen“. Kann ich bei Stress mit Hilfe rechnen? Wie gewinne ich die Aufmerksamkeit oder falle ich besser nicht auf?  Wie kann ich Gefühle wahrnehmen, ausdrücken und wieder zur Ruhe kommen? Was fühlt sich gut an? Was ist erlaubt? Wofür muss ich mich schämen? Ist Kontakt angenehm und berechenbar? Ist die Welt ein sicherer Ort? Kinder entwickeln bereits in den ersten Lebensmonaten Erwartungen: Wenn ich das tue, passiert das. Wenn ich weine, nimmt mich meine Mutter auf den Arm und beruhight mich. Wenn ich meine Mutter anschaue, lächelt sie und wir freuen uns gemeinsam usw. Ein Fundus von emotionalen Empfinden verknüpft mit körperlichen Erfahrungen wird so in den ersten Lebensjahren angelegt. Ist die Reaktion der Bezugspersonen meist nicht berechenbar oder nicht auf die Bedürfnisse des Kindes abgestimmt, prägt auch dieses implizite Wissen unsere Haltung zu uns selbst, anderen und der Welt nachhaltig.

Wie wir unsere Lebendigkeit opfern, damit wir nicht
mehr so verletzbar sind

Psychische Verletzungen hinterlassen körperliche Wunden. Insbesondere bei traumatischen Verletzungen werden Teile des Gehirns beeinträchtigt, die die eigenen Körperempfindungen korrekt wahrnehmen. Schmerz, Leid, Überwältigung wurde am eigenen Körper erfahren und mussten vielfach – völlig alleingelassen damit – bewältigt werden. Je jünger, desto unmöglicher die Aufgabe. Es erscheint dann sicher, nichts im Körper zu fühlen und sich ganz in den Kopf bzw. das Denken zurückzuziehen. Der natürliche Zugang zum eigenen Körper und den eigenen Empfindungen gehen verloren.

Je hartnäckiger das innere Empfindungen oder das „Bauchgefühl“ ignoriert wird, kann sich dies ins Gegenteil verkehren: die Betroffenen werden von extremen Gefühlen unkontrolliert überflutet. Zugleich sind die Gehirnregionen, die für das Erleben schwieriger Emotionen zuständig sind, auch für positive Empfindungen verantwortlich. Gefühle können leider nicht selektiv ausgeschaltet werden, auch Freude kann dann nur noch gedeckelt empfunden werden. Um schmerzliche Gefühle abzublocken, wurde auch die eigene Lebendigkeit geopfert.

Lebendigkeit kannst Du Dir nicht denken, das volle Leben spürst Du nur im Körper.

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